Marktbericht Quartal 01/2022

Schon vor dem Angriff Russlands auf die Ukraine beherrschten Inflationssorgen die Kapitalmärkte. Der Krieg belastet die Weltwirtschaft zusätzlich, zer­stört Lieferketten und lässt viele Preise noch stärker steigen. Während die Aktienmärkte auf das schwie­rige Umfeld vergleichsweise differenziert reagierten, gab es an den Anleihemärkten hohe Verluste.

Zinsen, Renten, Währungen und Rohstoffe


Der Krieg Russlands gegen die Ukraine dürfte das Wachstum der Weltwirtschaft in diesem Jahr insge­samt um rund ein Prozent niedriger ausfallen las­sen, in Westeuropa rund 1,5 Prozent. Die Hoffnun­gen der Kapitalmärkte auf eine nur langsame Ände­rung der lockeren Geldpolitik wurden bereits in den ersten Tagen des neuen Jahres kleiner. Einschließ­lich der stärker steigenden Energie- und Nahrungs­mittelpreise stieg die Inflationsrate in den USA auf 7,5 Prozent im Januar und auf 7,9 Prozent im Fe­bruar. Dies ist der stärkste Anstieg seit 40 Jahren.

Auch die Kernrate der Inflation ohne Energie- und Nahrungsmittelpreise lag mit zuletzt 5,4 Prozent deutlich über der Zielgröße der Notenbank von 2 Prozent. In den USA fiel die Arbeitslosenquote bis März auf nur 3,6 Prozent – ein Niveau, dass Volks­wirte als Vollbeschäftigung werten. Diese Gemenge­lage zwingt die US-Notenbank „Federal Reserve“ zum Handeln. Am 16. Februar erhöhte sie ihren wichtigsten Leitzins, die Fed Funds Rate, um einen Viertelprozentpunkt auf die Bandbreite von 0,25 bis 0,50 Prozent.

Die Aussicht auf eine rasche Folge weiterer Leitzins­erhöhungen im Jahresverlauf, die auch einen halb­en Prozentpunkt ausmachen könnten, führte zu ei­nem starken Renditeanstieg bei Anleihen. Die lau­fende Verzinsung für US-Staatsanleihen mit zehn Jahren Laufzeit, die Anfang Dezember noch bis auf 1,34 Prozent gesunken war, schoss vor allem im März nach oben. Mit 2,50 Prozent wurde am 25. März die höchste Rendite seit Mai 2019 erreicht. Für das erste Quartal ergibt sich ein Anstieg um 83 Ba­sispunkte auf 2,34 Prozent.

Die Erwartung einer zunächst höheren Inflation zeigt sich darin, dass vor allem die kurz- und mittelfristi­gen Zinsen stark anstiegen. Langfristig dürften sich wieder die Faktoren bemerkbar machen, die die In­flation in den Jahren zuvor tief gehalten hatten. So liegt die Rendite für US-Staatsanleihen mit 30 Jah­ren Laufzeit Ende März mit 2,46 Prozent nicht viel höher als bei zehn Jahren Laufzeit. Ihr Anstieg seit Jahresbeginn beträgt nur 54 Basispunkte. Die Ren­dite zehnjähriger deutscher Bundesanleihen stieg im ersten Quartal um 82 Basispunkte auf 0,64 Prozent. Damit hat dieser Zins den negativen Bereich verlas­sen. Der Bund-Future, der die Kursentwicklung von Bundesanleihen an der Terminbörse wiedergibt, ver­zeichnete im ersten Quartal einen entsprechend ho­hen Kursverlust von 7,5 Prozent.

Anleihen schlechterer Qualitäten erlitten noch höhe­re Kursverluste. Dabei führte nicht nur der Zinsan­stieg zu fallenden Anleihekursen. Auch der Auf­schlag auf die laufende Verzinsung gegenüber Staatsanleihen, der sogenannte „Spread“, wurde wegen der höher eingeschätzten Ausfallrisiken grö­ßer, insbesondere bei Unternehmensanleihen schlechterer Qualität (sogenannte Hochzins- bzw. „High Yield“-Anleihen).

An den Devisenmärkten gewann der US-Dollar we­gen des Zinsanstiegs in den USA weiter an Wert. Die US-Währung legte im ersten Quartal gegenüber dem Euro 2,8 Prozent auf 1,105 Dollar zu. Gegen­über dem japanischen Yen stieg der US-Dollar so­gar um 6,3 Prozent (auf 122,4 Yen). Vor allem im März stand die japanische Währung unter erhebli­chem Druck. Im Verlauf des Monats wurde mit 125 Yen pro Dollar der tiefste Wert für den Yen seit knapp sieben Jahren erreicht. Im Gegensatz zur Fed wird die Bank of Japan in absehbarer Zeit ihre Geldpolitik nicht verschärfen. Vielmehr stemmt sich die japanische Notenbank gegen steigende Zinsen. Dazu bot sie an, alle Staatsanleihen mit zehnjähri­ger Laufzeit zu kaufen, wenn ihre Rendite 0,25 Pro­zent erreicht. Ein japanischer Notenbanker bekräf­tigte das Ziel, die Rendite der zehnjährigen Anleihe nahe der Null-Prozent-Marke zu halten.

Unterdessen verlangsamte sich die Abwertung der türkischen Lira, die im vergangenen Jahr sehr unter der desaströsen Geldpolitik von Präsident Erdogan gelitten hatte. Eine Erholung erlebte die türkische Währung aber nicht. Turbulent ging es dagegen beim russischen Rubel zu. Der Angriff auf die Ukrai­ne und die als Reaktion verhängten Sanktionen ge­gen Russland führten zunächst zu einer Halbierung des Wertes der russischen Währung. In der Spitze mussten 168 Rubel für einen Euro gezahlt werden. Mit einer Verdoppelung ihres Leitzinses auf 20 Pro­zent stemmte sich die russische Zentralbank zu­nächst vergeblich dagegen. Erst die Ankündigung von Diktator Putin, westliche Importeure von Erdgas und Öl müssten künftig in Rubel zahlen, löste eine Rubel-Erholung aus. Praktisch wird zwar vertrags­gemäß weiter in westlichen Währungen gezahlt, die Zahlungen dann aber im russischen Bankensystem in Rubel umgetauscht. Die Erholung verlief bis auf 90 Rubel pro Euro, womit die russische Währung gegenüber dem Jahresbeginn 6,3 Prozent verloren hat.

Vergleichsweise ruhig entwickelten sich die großen Kryptowährungen. Der Zinsanstieg in den USA be­lastet ihre Wertentwicklung tendenziell, weil ein Zinsnachteil gegenüber dem wieder Zinsen bringen­den US-Dollar entsteht. Auf den russischen Angriffs­krieg reagierten die Kryptowährungen entgegen manchen Erwartungen nicht positiv, obwohl viel rus­sisches Geld aus dem abwertenden Rubel in Kryp­towährungen getauscht wurde. Erst die Nachricht, dass in den USA keine strenge Regulierung oder gar ein Verbot von Kryptowährungen bevorsteht, führte bei den Digitalwährungen zu steigenden Wechselkursen. Als in den letzten Tagen des Be­richtszeitraumes die Risikobereitschaft der Anleger wieder zunahm, erholten sich auch die Kryptowäh­rungen. Dennoch verblieb beim Bitcoin für das erste Quartal ein Rückgang um 1,4 Prozent auf rund 45.760 US-Dollar. In Euro bedeutet dies aufgrund des 2,8 Prozent gestiegenen Dollars einen Gewinn von 1,4 Prozent.

Nachdem sich die Rohstoffmärkte zuvor uneinheit­lich und ohne klaren Trend gezeigt hatten, kam es im ersten Quartal unter dem Eindruck des Ukraine-Krieges zu starken Preisanstiegen, weil Russland und die Ukraine vor allem Rohstoffe exportieren. Der Bloomberg Commodity Index gewann 25,5 Pro­zent. Der Ölpreis schoss um mehr als 40 Prozent nach oben. Ein Barrel der europäischen Ölsorte Brent kostete Ende März nahezu 111 US-Dollar, ein Barrel der US-Ölsorte WTI gut 105 Dollar.

Die Weltmarktpreise für die industriell verwendeten Metalle Nickel und Palladium stiegen auf neue histo­rische Rekordhöhen, weil in beiden Fällen Russland bislang ein großer Lieferant war. Für eine Tonne Ni­ckel wurden erstmals über 101.000 Dollar und für

eine Unze Palladium erstmals über 3.300 Dollar be­zahlt. Palladium verteuerte sich im ersten Quartal um 18,6 Prozent auf 2.264 Dollar pro Unze. Der An­stieg des Goldpreises im gleichen Zeitraum blieb mit 5,9 Prozent auf 1.937,50 Dollar dahinter zurück, in Euro ein Plus von 8,8 Prozent. Einerseits profitierte Gold angesichts des Krieges als „Krisenwährung“, andererseits litt Gold unter dem Zinsanstieg in den USA, weil zinslose Edelmetalle einen Verzicht auf alternativ mögliche Zinseinnahmen bedeuten.

Aktienmärkte


Schon vor dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine standen die Aktienmärkte unter Druck. Die Aussicht auf eine rasche Zinswende der US-Noten­bank belastet besonders Technologie- und vermeint­liche Wachstums-Aktien. Substanzaktien hielten sich besser. Aktien von Öl- und Rohstoff-Konzernen verzeichneten wegen der steigenden Öl- und Roh­stoffpreise Kursgewinne. Bei Technologie-Aktien überwogen dagegen Kursverluste, ebenso bei Akti­en aus den Branchen Finanzen und Gesundheit. Unternehmensmeldungen, die nicht den Wachs­tumserwartungen entsprachen, wurden entspre­chend negativ aufgenommen. So verlor die Netflix-Aktie bereits im Januar schlagartig über 20 Prozent ihres Wertes, als der Streaming-Dienst bekanntgab, dass sich das Kundenwachstum abschwächt.

Die von großen US-Technologiekonzernen gepräg­ten Leitindizes der Nasdaq, der Nasdaq Composite und der Nasdaq-100-Index, beendeten das erste Quartal jeweils mit einem Verlust von 9,1 Prozent. Die für den gesamten US-Aktienmarkt repräsentati­veren Indizes Dow Jones Industrial Average und S&P-500 liegen nach den ersten drei Monaten des neuen Jahres 4,6 bzw. 4,9 Prozent im Minus. Direkt nach dem Jahreswechsel markierte der Dow Jones einen neuen Rekordstand bei 36.952 Punkten, da­nach gewannen Sorgen wegen der hohen Inflation und der geldpolitischen Maßnahmen immer mehr die Oberhand. Der russische Angriff am 24. Februar drückte den populären Wall-Street-Index auf 32.273 Punkte und damit auf den tiefsten Stand seit einem Jahr. In der folgenden Erholung machte der Dow im­merhin zwei Drittel des Rückschlags wieder wett.

Deutlich schlechter entwickelten sich weiterhin klei­nere Technologie-Aktien. So verlor der Nasdaq Bio­tech-Index im ersten Quartal 11,9 Prozent und der Nasdaq Internet-Index sogar 21,6 Prozent. Die von der US-Notenbank Fed eingeleitete Zinswende be­wog viele Anleger, sich von den im vergangenen Jahr favorisierten Tech-Aktien zu trennen. Auch an der Nasdaq gab es nach dem Tief in der zweiten Märzhälfte eine Kurserholung.

Die europäischen Aktienmärkte litten stärker unter dem Kriegsausbruch. Bezeichnenderweise gab es die höchsten Verluste an der Moskauer Börse. Schon am ersten Tag des Krieges halbierte sich der Wert der börsennotierten russischen Wirtschaft. Da­nach wurde die Börse Moskau geschlossen. Als sie im März wieder öffnete, war der russische Kapital­markt vom Westen abgeschnitten. Russische Aktien wurden zu Null aus internationalen Aktienindizes herausgenommen. So verzeichnet der MSCI Osteu­ropa-Aktienindex, in dem russische Aktien zuvor ho­hes Gewicht hatten, im ersten Quartal einen Verlust von 78 Prozent. Die zentraleuropäischen Aktien­märkte verloren gemessen am CECE-Index nur 8,6 Prozent. Der österreichische Leitindex ATX büßte 14,2 Prozent ein. Österreichs Volkswirtschaft unter­hielt umfangreiche Wirtschaftsbeziehungen zu Russland. So sind beispielsweise österreichische Banken stärker von den Sanktionen betroffen als Banken in anderen Ländern.

Auch Deutschland hatte sich trotz wiederholter War­nungen seiner westlichen Verbündeten beim Import fossiler Energieträger wie Erdgas, Kohle und Heizöl/Diesel stark von Russland abhängig ge­macht. Zwar wurde die unmittelbar vor Kriegsaus­bruch fertiggestellte Ostseepipeline Nord Stream 2 nicht in Betrieb genommen, die russischen Lieferun­gen durch die bisherigen Pipelines aber bislang fort­gesetzt. So erlitt der DAX im ersten Quartal mit 9,3 Prozent einen unwesentlich höheren Verlust als der Euro-STOXX-50-Index mit einem Minus von 9,2 Prozent. Deutsche Nebenwerte entwickelten sich al­lerdings schlechter. Die Aktienindizes MDAX, SDAX und TecDAX verzeichnen für das erste Quartal Ver­luste von 11,7 bzw. 13,2 bzw. 15,7 Prozent.

Von den größeren Aktienmärkten in Europa zeigte London relative Stärke. Der britische Leitindex FT­SE-100 mit einem höheren Anteil von Rohstoff- und Ölkonzernen beendete das erste Quartal sogar mit einem kleinen Anstieg um 1,8 Prozent. Auch der paneuropäische STOXX-50-Index verdankt sein besseres Abschneiden den Rohstoff- und Ölkonzer­nen. Er sank im ersten Quartal gegenüber dem End­stand des Vorquartals nur um 2,8 Prozent.

Sehr differenziert war die Entwicklung der Aktien­märkte in Asien. Während sich die japanischen Leit­indizes Nikkei-225 und Topix mit Quartalsverlusten von 3,4 bzw. 2,3 Prozent noch recht gut hielten, gab es bei chinesischen Aktien wieder höhere Kursver­luste. Der Hang Seng China Enterprise Index (HSCE) verzeichnet für das erste Quartal einen Rückgang um 8,8 Prozent, der MSCI China sogar von 12,5 Prozent. Die Sorgen um die Konjunkturent­wicklung in China nahmen wieder zu, zumal das Land auf neuerliche Corona-Ausbrüche mit einem Lockdown für Millionenmetropolen reagierte. Positiv entwickelte sich dagegen der Aktienmarkt des Stadt­staates Singapur, wo der Leitindex Strait Times das Quartal mit einem Plus von 9,1 Prozent beendete.

Auch in den Schwellenländern sortierten sich Ge­winner und Verlierer vor allem nach der Abhängig­keit von Rohstoffpreisen. Zu den Gewinnern gehört der brasilianische Aktienmarkt, der von zwei Konzer­nen aus diesen Branchen dominiert wird: Vale ist ei­ner der größten Eisenerzproduzenten der Welt, Pe­trobras verfügt über riesige Ölvorkommen. So stieg der brasilianische Bovespa-Index im ersten Quartal um 14,5 Prozent.

Die Aktienkurse der Goldminenbetreiber profitierten vom Anstieg des Goldpreises. Der FT Goldmines Branchenindex beendete das erste Quartal mit ei­nem Plus von 19,8 Prozent.


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