Echte und unechte Schäden in Apotheken

Versäumnisse und Missverständnisse führen oft zu unzureichendem Schutz


Meist wähnen sich Apotheker und Apothekerinnen mit der Wahl ihres Versicherungsschutzes für den Schadensfall gut gerüstet. Doch oftmals kommt das böse Erwachen, wenn es tatsächlich zu einem Schadensereignis kommt. Versicherer müssen dann nur das ersetzen, was der Kunde gemäß Police auch wirklich versichert hat – also das, wofür er bezahlt. Die Leistungen, die der Versicherungsnehmer im Schadensfall erwartet, deckten sich meist jedoch nicht mit dem, was er im Ernstfall tatsächlich bekommt. Diese Differenz zwischen Kundenerwartung und Realität führt häufig zu nervenaufreibenden Auseinandersetzungen nach Eintritt eines Schadensereignisses.
Verantwortlich für diesen immer wieder auftretenden Missstand sind Versäumnisse und Missverständnisse zwischen beiden Parteien:

Der Apotheken-Inhaber geht davon aus, dass seine Police auf seine Berufsgruppe zugeschnitten ist. Doch die meisten Standard-Policen orientieren sich an größeren Gruppen wie etwa Unternehmer, Freiberufler oder Heilberufe im Allgemeinen und sind nicht speziell auf Apotheken ausgerichtet. Nun ist aber Heilberuf nicht gleich Heilberuf, denn die verschiedenen Tätigkeitsbereiche dieser Branche haben unterschiedliche Bedürfnisse hinsichtlich des Versicherungsschutzes.

Dazu kommt, dass Versicherer in der Regel in der Breite der Versicherungsthemen beraten und nicht auf bestimmte Kunden spezialisiert sind. Sie sind also nicht mit dem besonderen Versicherungsbedarf dieser spezifischen Kundengruppe vertraut. Apotheker und Apothekerinnen, die im Normalfall selbst keine Versicherungsspezialisten sind, schließen ihre Police jedoch mit der Erwartung ab, dass diese ihren speziellen Bedarf abdeckt.

Die meisten Apotheken-Inhaber unterschätzen darüber hinaus die tatsächlichen Werte ihrer Apotheke und damit auch das reale Risikopotenzial. Die falsch angegebenen Werte werden von den Versicherern dann in der Regel einfach übernommen und schon sind massive Probleme für den Schadensfall vorprogrammiert.

Wer sich darauf verlässt, dass schon alles gut gehen wird, weil ja bisher auch nie etwas Schlimmeres passiert ist, liegt mit dieser Annahme falsch. Die apothekenspezifischen Risiken werden heruntergespielt und auch vom Versicherer aus Unwissenheit darüber nicht hinterfragt. Schon fehlen wichtige Aspekte in der Police und das kann im Schadensfall für Apotheken-Inhaber böse enden.

Ein unzureichender Versicherungsschutz ist letztlich ein Kommunikations-, Wissens- und Verständnisproblem und daraus resultiert am Ende ein Vertragsversäumnis. Ein nicht regulierbarer Schaden geht in der Regel nicht auf böse Absichten des Versicherers zurück. Das hilft dem Apotheker im Schadensfall aber auch nicht, denn versichert ist letztlich nur, was vereinbart wurde.

Was bezeichnen Versicherer als unechte Schäden?


Versicherungen definieren einen Schaden als regulierungspflichtig, wenn die folgenden drei Kriterien erfüllt sind:

  1. 1
    Bei dem Schadensereignis muss es sich tatsächlich um ein bedingungsgemäß versichertes Ereignis handeln.
  2. 2
    Es muss plötzlich und unabsehbar eingetreten sein.
  3. 3
    Es hat von außen auf den Versicherten eingewirkt.

Nur, wenn diese Bedingungen erfüllt sind, erkennen Versicherungen einen entstandenen Schaden auch tatsächlich als solchen an. Hier spricht man von den sogenannten echten Schäden.

Demgegenüber stehen die Ereignisse, die der Versicherer nicht als echte Schäden ansieht, obwohl sie aus kaufmännischer Sicht natürlich einen Vermögensschaden bedeuten. Apotheken-Inhabern ist meist nicht bewusst, dass Versicherer aufgrund ihrer Schadensdefinition Schäden, die bei sachgemäßer Bearbeitung nicht entstanden wären, eben als „unechte Schäden“ betrachten, für die sie nicht aufkommen müssen.
Dabei handelt es sich um Schadensereignisse, die in Apotheken besonders häufig vorkommen und damit erst einmal unter dem Generalverdacht des Verstoßes gegen die kaufmännische Sorgfaltspflicht stehen. Dazu gehören beispielsweise Schäden, die durch den Ausfall technischer Geräte entstehen, denn der Apotheken-Inhaber hat für die Funktionsfähigkeit technischer Geräte grundsätzlich Sorge zu tragen. Hier gibt es in der Regel noch Unterschiede, je nachdem, ob mechanische, elektronische oder IT-Technik betroffen ist.

Ebenso werden Kühlgut-Schäden von der Versicherung kritisch hinterfragt, sobald die Kühlkette beispielsweise aufgrund technischer Kühlschrankdefekte unterbrochen wurde. Denn auch hier gilt: Der Apotheker ist verpflichtet, Kühlschränke rechtzeitig auszutauschen, da solche Geräte ab einem gewissen Alter anfällig für Funktionsstörungen oder Ausfälle werden. Die meisten Versicherer erkennen inzwischen sowieso nur noch Medikamentenkühlschränke an, die der dafür vorgeschriebenen DIN-Norm entsprechen.

Bei der Ausstellung von Rezepten, die mit den gesetzlichen Krankenkassen verrechnet werden, muss auf die formal korrekte Vorgehensweise geachtet werden. Denn hier können Fehler schnell dazu führen, dass diese die Kostenübernahme verweigern, obwohl der Apotheker das Medikament schon an den Kunden abgegeben hat. Man spricht in diesem Fall von einer Retaxierung. Das kann schlimmstenfalls teuer für den betroffenen Apotheken-Inhaber werden, sofern er dieses Risiko nicht in seiner Police mitversichert hat.

Was noch zu beachten ist


Doch damit nicht genug, es gibt noch weitere Schadensursachen, die in den meisten Standard-Policen nicht berücksichtigt werden und im Schadensfall zu Problemen mit dem Versicherer führen können. Das sind einerseits natürlich alle Schäden, die über die festgelegte Versicherungssumme hinausgehen und andererseits grob fahrlässig verursachte Schäden. Aber auch Eigenschäden, die von einem Repräsentanten verursacht werden, können den Apotheker in Schwierigkeiten bringen, wenn außer ihm selbst noch andere Mitarbeiter Repräsentanten-Status haben. Darüber hinaus bleibt er auch auf allen sonstigen Schäden wie etwa Kriegseinwirkungen oder Naturkatastrophen sitzen, deren Ursachen vom Versicherungsvertrag ausgeschlossen sind, sitzen. Apotheker und Apothekerinnen sollten darauf achten, dass auch solche Punkte in der Police berücksichtigt werden. Und Vorsicht! Wenn eine Schadensursache nicht explizit im Vertrag ausgeschlossen ist, heißt das nicht, dass diese dann automatisch versichert ist. Ist die konkrete Schadensursache im „Kleingedruckten“ nicht ausdrücklich als mitversichert benannt, kann das für einen Ausschluss schon reichen.

Da das Thema „apothekengerechte Versicherung“ sehr komplex und für viele Apotheker und Apothekerinnen kaum überschaubar ist, empfiehlt es sich, eine fachspezifische Beratung in Anspruch zu nehmen. Es gibt durchaus Versicherer, die auf die individuellen Bedürfnisse ihrer Kunden eingehen und berufsspezifische All-Risk-Versicherungen anbieten.

Apotheken-Risiko „Verletzung der kaufmännischen Sorgfaltspflicht“


Schadensereignisse, deren Ursachen direkt in der Apotheke liegen, die also bei sachgemäßer Handhabung nicht entstanden wären, stellen einen Verstoß gegen die kaufmännische Sorgfaltspflicht dar. Das kann für Apotheken-Inhaber kostspielige Konsequenzen haben, da solche Ereignisse nach dem Verständnis der Versicherungen unechte Schäden sind und daher nicht regulierungspflichtig sind.

Dennoch ist es durchaus möglich, solche Risiken zu minimieren oder zu vermeiden.

Ein Beispiel:

Eine Kundin benötigt aufgrund einer schweren Erkrankung dringend ein Medikament. Die Apotheke bestellt das Medikament, das die Patientin seit Jahren verwendet, beim Hersteller. Zu Hause angekommen, stellt die Patientin aber fest, dass das für die Verabreichung notwendige Zubehör nicht wie üblich in der Packung ist. Der Angestellte, der die falsche Medikamentenversion herausgegeben hat, versichert aber, die Bestellung korrekt aufgegeben zu haben. Das kann er allerdings nicht beweisen und hat darüber hinaus den Fehler bei der Eingangskontrolle nicht bemerkt. Der Schaden beläuft sich nun auf über 5.000 €, was die Versicherung in diesem Fall nicht erstattet.

Nun hat die Apotheke aber im Grunde gar kein falsches Medikament herausgegeben, nur eben ein unvollständiges Set, da das Zubehör zur Selbstverabreichung fehlte. Hier hätte es für die Apotheken-Inhaberin eine einfache Lösung des Problems gegeben, die sie aber in der Hektik des Geschehens nicht bedacht hat. Sie hätte beispielsweise die behandelnde Ärztin der Kundin ins Boot holen und sie bitten können, ihrer Patientin das Präparat in der Praxis zu spritzen. Selbst, wenn diese abgelehnt hätte, wäre auch eine Anfrage etwa beim DRK eine Alternative gewesen. Das Rezept hätte dann ordnungsgemäß abgerechnet werden können. Zwar wären auch in diesem Fall gegebenenfalls Kosten entstanden aber in wesentlich geringerem Umfang. Doch auf diese Idee muss man eben erst einmal kommen. Es lohnt sich also grundsätzlich, zumindest über Alternativlösungen nachzudenken, denn in manchen Fällen lässt sich ein größerer Schaden tatsächlich vermeiden.

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