Die Gruppendiskussion

Während einer Gruppendiskussion befinden Sie sich im direkten Vergleich mit den übrigen Bewerbern und sollten sich idealerweise positiv von diesen abheben. Dabei gibt es Diskussionsrunden mit oder ohne Rollenvorgabe, in denen Sie beispielsweise ein globales Thema oder eine spezielle Problemstellung in Form eines Unternehmensplanspiels diskutieren müssen. Besteht Ihre Aufgabe darin, ein vorgegebenes oder frei wählbares Thema in einer Runde von mehreren Mitbewerbern gemeinsam zu diskutieren, wird oftmals zumindest teilweise ein Diskussionsergebnis gefordert. Die zu bearbeitenden Themen können sich dabei aus den unterschiedlichsten Bereichen wie etwa Politik, Umwelt, Wirtschaft oder privates Umfeld ergeben. Es kommt auch vor, dass die Gruppe mehrere Themen zur Auswahl hat und sich auf eines einigen muss, was nicht immer ganz leicht ist. Schon an dieser Stelle werden die Gruppenmitglieder genau von den Assessoren beobachtet. Wie gehen sie miteinander um, übernimmt ein Bewerber bei der Auswahl die Führungsrolle oder treffen die Gruppenmitglieder eine gemeinsame Entscheidung?

Wer eine Führungsrolle übernimmt, ohne damit bei den übrigen Gruppenmitgliedern auf Widerstand zu stoßen, hat schon gleich eine bessere Ausgangsposition als der schweigende Mitläufer oder der ewige Nörgler. Müssen die Bewerber sich in einem Unternehmensplanspiel beweisen, erhalten Sie in der Regel eine konkrete betriebswirtschaftliche Aufgabenstellung, die auf der Basis von schriftlichen Informationen innerhalb der Gruppe diskutiert werden soll. Dabei werden unternehmerische Rahmenbedingungen, die sich die Assessoren ausgedacht haben, vorgegeben und Entscheidungen gefordert.

Bei der Gruppendiskussion mit vorgegebenen Rollen muss jeder Teilnehmer einen ihm zugewiesenen Standpunkt innerhalb des zu diskutierenden Themenbereiches vertreten. Dazu erhält er eine schriftlich verfasste Anweisung, wie er zu agieren hat. Ziel dieser Aufgabe ist es, am Ende gemeinsam eine gerechte Lösung zu finden, obwohl nur einer der verschiedenen Standpunkte durchgesetzt werden kann.

Beispiel:

Die Diskussionsteilnehmer schlüpfen in die Rolle von Außendienstmitarbeitern eines Unternehmens, die alle einen Firmenwagen fahren. Nun stellt das Unternehmen aber einen Neuwagen zur Verfügung, den natürlich jeder für sich beanspruchen möchte. Aufgabe der Bewerber ist in diesem Fall zu diskutieren, wer nun gerechterweise das Neufahrzeug bekommen soll, es sich also wirklich verdient hat. Es kommt bei solchen Themen meist zu spannenden Auseinandersetzungen, die den Beobachtern jede Menge Bewertungsstoff bieten. Manchmal wählen die Assessoren auch absichtlich Themen, die so komplex sind, dass die festgelegte Diskussionszeit gar nicht dafür ausreicht. Damit erzeugen sie eine Stresssituation für die Kandidaten, was oftmals zu einer gereizten Stimmung führt, denn nicht jeder hält dem Druck stand. Das ist für die Beobachter einmal mehr eine willkommene Möglichkeit, Stressresistenz und Persönlichkeit der Kandidaten zu bewerten. Wer sich von der schlechten Stimmung mitreißen lässt und eine nicht zu übersehende Aufregung und Unruhe verbreitet, sammelt Minuspunkte.

Manchmal kommt es auch vor, dass die Beobachter jeden der Kandidaten in einem Einzelinterview dazu befragen, wie sie selbst die Gruppendiskussion erlebt haben und wie sie den Auftritt der anderen Teilnehmer bewerten. Stellt sich dabei beispielsweise heraus, dass ein und derselbe Kandidat von fast allen anderen Bewerbern aus der Gruppe positiv und ein anderer fast ausnahmslos negativ beurteilt wurde, hat das entsprechende Auswirkungen auf die Bewertung dieser Kandidaten durch die Assessoren.

Hinter dem harmlosen Begriff ‚Gruppendiskussion‘ verbirgt sich also ein knallhartes Testverfahren, bei dem es nicht, wie von den Beobachtern oftmals vermittelt, vorrangig auf das Diskussionsergebnis ankommt, sondern auf die Problemlösungsstrategie. Wie gehen die Teilnehmer während der Auseinandersetzung miteinander um, beweisen sie Sozialkompetenz und finden sie einen Mittelweg zwischen Durchsetzung des eigenen Willens um jeden Preis und Duckmäusertum? Sind sie fähig, Konflikte zu analysieren und sinnvoll zu lösen, gehen sie in der Auseinandersetzung dennoch freundlich und moderat mit den anderen Diskussionsteilnehmern um? Das ausgewogene Maß ist bei der Gruppendiskussion der Schlüssel zum Erfolg.

Die Beobachter bewerten zahlreiche Eigenschaften, die der Kandidat während der Aufgabenbewältigung durch seine Art aufzutreten, preisgibt. Die Assessoren bewerten sowohl ein gepflegtes Äußeres, eine freundliche und ungezwungene Art als auch sicheres Auftreten positiv. Dabei ist es wichtig, dass Sie Ihre eigene Meinung vertreten aber auch anderen Ideen gegenüber aufgeschlossen sind. Sie sollten zwar auf Ihrem Kurs bleiben aber dennoch den anderen zuhören und Interesse zeigen.
Sollte die Diskussion zu Beginn nicht richtig in Gang kommen, was durchaus passieren kann, nutzen Sie die Chance und versuchen Sie, der Diskussion eine sinnvolle Struktur zu geben. Liefern Sie einen konstruktiven Beitrag zum Argumentationsaustausch und sammeln Sie so Pluspunkte.

Im Folgenden werden wir Möglichkeiten aufzeigen, wie Sie das am besten hinbekommen …

Schritt für Schritt zum Ziel

Geben Sie der Diskussion eine sinnvolle Struktur und gehen Sie dabei Schritt für Schritt vor. In der Regel führt der Versuch, sich bereits zu Beginn einer Diskussionsrunde auf ein bestimmtes Ziel zu einigen, zu erheblichen Schwierigkeiten. Versuchen Sie sich also zunächst zu orientieren, inwieweit das zu bearbeitende Thema von den subjektiven Wertvorstellungen der verschiedenen Teilnehmer beeinflusst wird. Verdeutlichen Sie, dass es hierbei nicht um richtig und falsch geht, sondern um den Austausch von individuellen Meinungen und Empfindungen. Streitereien, wer nun recht oder unrecht hat bringen hier nicht weiter, da bestimmte Themen einfach nicht zu einem objektiven Ergebnis innerhalb der Gruppe führen können. Es empfiehlt sich daher eine Kurzumfrage, wie jeder einzelne Teilnehmer die Problematik sieht. Wo liegen die Meinungsschwerpunkte in der Gruppe, wo gibt es Gemeinsamkeiten und wo gehen die Meinungen eher auseinander?

Sind die verschiedenen Standpunkte geklärt, muss die Zielsetzung erfolgen. Ziel sollte es aber nicht sein, das Thema bis zum bitteren Ende durchzudiskutieren, bis ein Ergebnis erreicht ist, das für alle Gruppenmitglieder optimal erscheint. Das ist in der kurzen Zeit, die Ihnen für die Diskussion bleibt, meist gar nicht möglich und würde auch viel zu viel Druck auf jeden einzelnen Teilnehmer ausüben. Überlegen Sie also, welche Ziele in der Kürze der Zeit überhaupt realisierbar sind, und inwieweit das zu behandelnde Thema abgegrenzt werden kann. Dabei könnte gegebenenfalls die Verwendung grafischer Hilfs- und Darstellungsmittel sinnvoll sein. Im nächsten Schritt muss eine sinnvolle Lösungsstrategie erarbeitet werden und auch dabei ist es wichtig, alle Teilnehmer mit den passenden Fragen ins Boot zu nehmen. Wie könnte man nach Meinung der Teilnehmer zu einem Ergebnis kommen, welche Möglichkeiten bieten sich dafür an und welche sind am erfolgversprechendsten?

Mit diesen Fragen erreichen Sie, dass alle Diskussionsteilnehmer gedanklich in dieselbe Richtung gelenkt werden, auch wenn sie am Ende möglicherweise zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen. Mit dieser Vorgehensweise können Sie für den Versuch, die Diskussion auf einen guten Weg zu bringen, schon einige Pluspunkte bei den Assessoren sammeln. Versuchen Sie darüber hinaus aber auch, möglichst viele Teilnehmer – auch diejenigen, die eher passiv erscheinen – zum Mitreden zu animieren und die Ideen der anderen aufzugreifen und weiterzuentwickeln. Damit stellen Sie Ihre Kooperationsfähigkeit innerhalb einer Gruppe unter Beweis und auch dafür gibt es wieder extra Pluspunkte.

Im Verlauf der Diskussion sollten Sie die Teilnehmer schließlich zur Prüfung des Ergebnisses aufrufen. Fragen Sie nach, wie weit sie mit der Themenbearbeitung gekommen sind, ob sich inzwischen jeder seine Meinung bilden und seinen eigenen Schwerpunkt festlegen konnte. Lässt sich aus dem Erarbeiteten schon ein Resümee ziehen? Solche Fragen helfen der Gruppe, das Hauptziel nicht aus den Augen zu verlieren, und bei der Bearbeitung der Aufgabe auch wirklich ergebnisorientiert vorzugehen.

Doch was, wenn Sie einen echten Quertreiber in der Diskussionsgruppe haben, der den einigermaßen harmonischen Verlauf der Gruppendiskussion völlig durcheinanderbringt? Nun, das lässt sich nicht grundsätzlich vermeiden und kommt den Assessoren oftmals sogar ganz gelegen, denn gerade in Konfliktsituationen können diese am besten beobachten, wie die Teilnehmer Probleme bewältigen. Es kann während der Diskussion durchaus schon mal zu Streitereien und gegenseitigem Unverständnis kommen, sodass es kaum möglich ist, Ideen aufzugreifen und weiterzuführen. In diesem Fall sollten Sie versuchen, die Ruhe zu bewahren und sich nicht von der schlechten Stimmung anderer Teilnehmer mitreißen zu lassen. Sparen Sie sich Ihre Kritik an den Quertreibern in der Gruppe, denn das übernehmen am Ende schon die Assessoren.

Lässt ein egoistischer Vielredner alle anderen Bewerber aber gar nicht zu Wort kommen, weil er sich gerade mit dem Thema auskennt und die Zügel einfach nicht aus der Hand geben will, dürfen Sie ihn schon etwas ausbremsen. Unterbrechen Sie ihn auf freundliche Art und Weise und fragen Sie in die Runde, ob die anderen Gruppenmitglieder der gleichen Meinung sind oder die diskutierte Angelegenheit vielleicht ganz anders sehen. Greift der ausgebremste Redner Sie daraufhin an, sollten Sie sich dennoch nicht provozieren lassen und immer wieder auf das sachliche Thema zurückleiten. Betonen Sie, dass die Bearbeitung des Themas eine gemeinsame Sache ist, an der alle beteiligt sind, und suchen Sie gegebenenfalls Unterstützung bei den übrigen Teilnehmern. Werden Sie von einem Kandidaten ständig unterbrochen, pochen Sie freundlich aber bestimmt auf Ihr Recht, ausreden zu dürfen. Reden Sie weiter und integrieren Sie die anderen Teilnehmer immer wieder in die Diskussion, indem Sie geschickt formulierte Fragen in die Runde werfen. Das hilft Ihnen unter Umständen, die Konfrontation etwas zu entschärfen.

Regeln für die Gesprächsführung

Es gibt verschiedene Regeln, die Sie beachten sollten, um die Gesprächsführung erfolgreich zu übernehmen.

Regel Nummer eins – hören Sie aktiv zu! Sie müssen nicht immer als Erster Ihren Standpunkt ausführlich darlegen, sondern sollten auch andere einmal zuerst reden lassen. Vermitteln Sie den Teilnehmern Ihre Bereitschaft zuzuhören und zeigen Sie so, dass Sie ihre Ausführungen ernst nehmen, anstatt auf alles Gesprochene ständig Kontra zu geben.

Regel Nummer zwei – drücken Sie sich klar und deutlich aus! Je deutlicher Sie mit den anderen Gruppenteilnehmern kommunizieren, desto leichter kommen Sie am Ende zu einem konstruktiven Diskussionsergebnis. Unklare Aussagen führen lediglich zu Missverständnissen, die oftmals die Grundlage für neue Konflikte bilden. Ist Ihnen einmal etwas nicht ganz verständlich, fragen Sie nach und erkundigen Sie sich umgekehrt auch bei den Mitbewerbern, ob Sie selbst sich ebenfalls klar genug ausgedrückt haben und Ihre Ausführungen richtig angekommen sind.

Die dritte Regel verlangt, dass Sie Ihre Motive und Ziele für die Haltung, die Sie zum Thema einnehmen, verdeutlichen. Begründen Sie Ihre Auffassung, erreichen Sie ein besseres Verständnis für einen bestimmten Standpunkt und beugen Konfliktsituationen vor. Bleibt als letzte Regel noch die geschickte Anwendung der Argumente. Das heißt, Sie sollten Ihre besten Argumente nicht zu früh ins Feld führen, denn damit haben Sie im schlimmsten Fall Ihr Pulver viel zu früh verschossen. Bringen Sie ein aussagekräftiges Argument am Anfang aber das beste Argument behalten Sie sich für den Schluss vor.

Die entscheidenden Schritte, die ein gutes Rüstzeug für gute Argumentation bieten, lassen sich in fünf Punkte untergliedern:

  1. 1
    Benennen Sie Ihren Standpunkt kurz aber deutlich.
  2. 2
    Präsentieren Sie Ihre Argumente.
  3. 3
    Untermauern Sie Ihre Argumente mit entsprechenden Beispielen.
  4. 4
    Begegnen Sie möglichen Einwänden oder noch besser – kommen Sie ihnen zuvor.
  5. 5
    Ziehen Sie Resümee.

Es gibt mehrere Möglichkeiten, Einwänden sinnvoll zu begegnen – die sogenannte Umformulierungsmethode, Vorteil-Nachteil-Methode, bedingte Zustimmung oder Verzögerungstechnik. Diese vier rhetorischen Standardtechniken schauen wir uns im Folgenden etwas genauer an.

Die Umformulierungsmethode hat das Ziel, einen Einwand weitgehend zu entschärfen. Beispielsweise wendet Ihr Gegenüber ein, dass Sie für die verantwortungsvolle Position, um die Sie sich jetzt gerade im Assessment-Center bemühen, doch eigentlich noch viel zu jung sind. Sie entschärfen diese Aussage dann etwa mit den Worten: „Wollen Sie mir damit sagen, dass Sie vor allem Wert auf Erfahrung und eine gewisse Reife bei der Besetzung dieser Position legen?“ Im Anschluss an diese Frage können Sie dann Ihre Erfahrungen präsentieren und das Gespräch wieder auf die Kriterien lenken, die Ihnen eigentlich wichtig sind.

Bei der Vorteil-Nachteil-Methode greifen Sie den Einwand auf und wägen die darauf bezogenen Vor- und Nachteile ab. Das heißt, Sie gestehen Ihrem Gegenüber zwar zu, dass der ältere Kandidat sicherlich diesen oder jenen Vorteil gegenüber jüngeren Bewerbern mit sich bringt, verweisen aber ebenso auf die Nachteile. So schaffen Sie sich die geeignete Grundlage für die Präsentation der zahlreichen Vorteile, die Sie als jüngerer Kandidat dem Unternehmen bringen würden.

Bei der bedingten Zustimmung greifen Sie nur einen Teilaspekt des Einwandes auf, dem Sie zunächst einmal zustimmen, um anschließend Ihren eigenen Standpunkt umso überzeugender darzulegen. Damit relativieren Sie den Einwand als Ganzes wieder. Das könnte beispielsweise so aussehen, dass Sie Ihrem Gegenüber zustimmen, dass sie natürlich erst Mitte zwanzig sind, aber die Besetzung einer so wichtigen Position nicht nur vom Alter abhängig gemacht werden kann. Da wird Ihr Gegenüber Ihnen wohl recht geben und schon haben Sie wieder eine Ausgangsbasis für Ihre Argumentation. Sie sind sich also beide einig, dass nicht das Alter allein ausschlaggebend ist und es ja noch auf viel wesentlichere Kriterien ankommt, die Sie natürlich ganz und gar erfüllen.

Die Verzögerungstaktik zielt darauf ab, das Gespräch vom Einwand Ihres Gegenübers auf einen anderen Punkt zu lenken. Das heißt, Sie erklären, dass Sie den Einwand schon verstanden haben und für wichtig halten, aber zunächst noch etwas anderes erklären oder demonstrieren möchten, was Sie dann auch einfach tun. Sie bringen jetzt Argumente hervor, die das Gespräch wieder auf den von Ihnen angestrebten Punkt bringen, sodass der Einwand durch Ihr Drumherumreden bestenfalls in Vergessenheit gerät.

Was aber, wenn man Sie vor die Aufgabe stellt, in der Diskussionsrunde die Gesprächsleitung zu übernehmen? Es kommt zwar selten vor, dass ein Kandidat eine solche Sonderrolle erhält, da seine Leistung sich dann nicht so gut mit den Bemühungen der anderen Teilnehmer vergleichen lässt, aber unmöglich ist es nicht. In diesem Fall wäre es empfehlenswert, wenn Sie zunächst zum vorgegebenen Thema hinführen, indem Sie eine Art Problemskizze entwerfen. Versuchen Sie, ein oder zwei Schwerpunktaspekte im Rahmen des Themas festzulegen, das Einverständnis der Assessoren vorausgesetzt. Schließlich fahren Sie mit Fragen fort, die für die übrigen Teilnehmer einen Diskussionsanreiz bieten sollen, also etwa wie sie die Problematik sehen, welche Erfahrungen sie damit gemacht haben, etc. Im Folgenden stellen Sie eine These zum Diskussionsthema auf und fragen in die Runde, ob die anderen Kandidaten auch Ihrer Meinung sind.

Im Verlauf des Gesprächs ist es wichtig, die Beiträge in eine gezielte Aussage zu fassen und als These zu formulieren, über die im Folgenden gesprochen wird. Ergreifen Sie nicht Partei für eine bestimmte Meinung, sondern machen Sie klar, dass alle Beiträge interessant sind, auch wenn diese sich vielleicht teilweise widersprechen. Schaffen Sie eine ausgewogene Rollenverteilung, das heißt, Sie sollten darauf achten, dass auch nicht so redefreudige Kandidaten in die Diskussion einbezogen werden. Entstehen ungewollt Pausen während der Diskussion, weil gerade niemand weiß, was er noch sagen soll, schalten Sie sich ein, indem Sie beispielsweise einen angesprochenen Punkt als besonders positiv oder interessant hervorheben. Motivieren Sie die Teilnehmer hin und wieder, indem Sie die gelieferten Aspekte als wichtig bezeichnen, denn so zeigen Sie Interesse an den Beiträgen der anderen.

Neigt sich die Gruppendiskussion so langsam dem Ende entgegen, bedanken Sie sich höflich für die interessanten Diskussionsbeiträge. Weisen Sie darauf hin, dass die eher kurz gehaltenen Diskussionsaspekte lediglich wegen der Kürze der Zeit nicht ausführlicher behandelt werden konnten, obwohl Sie diese natürlich auch als sehr wichtig ansehen. So fühlt sich keiner der Kandidaten böswillig vernachlässigt. Für Sie als Gesprächsleitung ist es wichtig, dass Sie in der Lage sind, für eine moderate Diskussionsform zu sorgen, eine gestraffte Skizzierung der wesentlichen Aussagen zu liefern und Gegensätze sowie Gemeinsamkeiten der Beiträge herauszustellen. Gelingt Ihnen das überzeugend, sind Sie einen großen Schritt weiter.

Fallstudien und Unternehmensplanspiele sind im Assessment-Center als Aufgabenstellung ebenfalls weit verbreitet und auch dabei kommt es auf das „Wie“ an. Im Rahmen der Fallstudie gilt es eine oder mehrere betriebliche Problemsituationen, die von den Assessoren beschrieben werden, alleine oder im Team zu lösen. Das Ergebnis wird entweder schriftlich eingereicht oder als Präsentation vorgestellt. Das Unternehmensplanspiel ist eine etwas aufwendigere und komplexere Angelegenheit, denn hier geht es darum, ein fiktives Unternehmen zu führen. Die Thematik der Aufgabenstellung kann ganz unterschiedlich sein und von Gewinnoptimierung bis hin zur Übernahme einer Konkurrenzfirma reichen. Grundsätzlich ist es bei Fallstudien und Unternehmensplanspielen wichtig, dass Sie auch alle Informationen haben, die Sie zur Lösung der Aufgabe benötigen. Ist Ihnen also noch etwas unklar, fragen Sie unbedingt nach. Nur wenn Sie die Aufgabenstellung verstanden haben, sind Sie in der Lage, die wirklich wichtigen Informationen herauszufiltern. Gegebenenfalls macht es Sinn, den Lösungsweg und die Gründe, die Sie zu diesem Lösungsansatz motiviert haben, schriftlich zu dokumentieren. Es kann nämlich durchaus vorkommen, dass Sie in einem anschließenden Interview zu den Gründen Ihrer Entscheidung befragt werden. Müssen Sie Ihre Aufgabe im Rahmen einer Fallstudie schriftlich lösen, schreiben Sie deutlich. Wird Ihnen die Präsentation des Ergebnisses aufgetragen, nutzen Sie entsprechende Medien wie etwa Flipcharts oder Beamer, je nachdem welche Hilfsmittel zur Verfügung gestellt werden und Ihnen gerade passend für Ihre Zwecke erscheinen.

Wird die Lösung einer Aufgabe in der Gruppe verlangt, ist Teamwork gefragt. Vergewissern Sie sich, dass alle Gruppenteilnehmer das gleiche Ausgangswissen haben. Am Ende ist es für Sie wichtig, dass Ihre Wertvorstellungen mit denen des Unternehmens übereinstimmen und das sollte für die Beobachter anhand Ihrer Entscheidungen und deren Begründung klar erkennbar sein. Das heißt, Sie sollten keine Lösungen vorschlagen, die für das Unternehmen wichtige Werte verletzen. Zugegebenermaßen ist das gerade in der Gruppe nicht immer ganz einfach, da es hier ja darum geht, sich positiv gegenüber den anderen Kandidaten abzugrenzen. Es herrscht also das Prinzip „Jeder gegen jeden“ aber andererseits wollen die Beobachter auch sehen, dass Sie Sozialkompetenz besitzen. Auf dieser Gratwanderung gilt es also, genau das richtige Maß dazwischen zu finden.

Beurteilungskriterien

Die Art und Weise, wie Sie die Ihnen gestellte Aufgabe lösen, wird durch die Assessoren nach bestimmten Beurteilungskriterien bewertet. Die Beobachter achten vor allem darauf, ob Sie bei der Analyse und Lösung der Probleme systematisch vorgehen und verschiedene Lösungsansätze durchspielen. Manchmal ist es nämlich sinnvoller zusätzlich alternative Lösungsmöglichkeiten in Betracht zu ziehen, anstatt Entscheidungen nach dem Entweder-oder-Prinzip zu treffen.

Ist die Entscheidung, die Sie am Ende treffen, nachvollziehbar und konnten Sie den Weg, der Sie dahin geführt hat plausibel darstellen? Vertreten Sie Ihren Standpunkt klar und deutlich oder halten Sie sich eher aus der Problematik raus, indem Sie sich Ihre Entscheidung nach allen Seiten hin offen halten? Haben Sie einmal einen sinnvollen Standpunkt überzeugend vertreten, sollten Sie diesen auch dann beibehalten, wenn Sie damit bei den anderen Teilnehmern auf Widerstand stoßen, anstatt Ihre Meinung leichtfertig aufzugeben. Wenn Sie am Ende aber unweigerlich selbst erkennen, dass Ihre Entscheidung nicht wirklich gerechtfertigt oder nachvollziehbar ist, sollten Sie die Bereitschaft vermitteln, die Angelegenheit neu zu überdenken.

Letztlich kommt es darauf an, dass Sie sich aktiv einbringen, um nicht zwischen den anderen Teilnehmern unterzugehen. Das kann vor allem in der Gruppe, wo es vorrangig auf korrektes Teamverhalten und angemessenes Durchsetzungsvermögen ankommt, schnell passieren. Gehen Sie respektvoll und souverän mit den anderen Kandidaten um, vertreten Sie aber dennoch selbstbewusst Ihre eigenen Standpunkte, was ja letztlich faire Kompromisse gar nicht ausschließt. Mit einem ausgewogenen Verhältnis aus Spontanität und gut durchdachtem Handeln kommen Sie bei den Beobachtern definitiv gut an.

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